Hessische Staatsdomäne Baiersröderhof
Pächter: Familie Walter Scheuerle und Familie Georg Scheuerle
Vereinsdomzil der IGHL Wetterau / Main-Kinzig e.V
Ältere Luftaufnahme des Anwesens aus dem Besitz der Pächter.
Bis zum Anfang der 50´ziger Jahre bot der Hof vielen Landarbeitern einen sicheren Arbeitsplatz.
Luftaufnahme des Anwesens vom 21. August 1999 anlässlich des Festes zum 10-jährigen Vereinsjubiläum der IGHL e.V. Über 15.000 Gäste durften begrüßt werden.
Die Geschichte des Baiersröderhofs in der Neuzeit
Zusammengestellt von Georg H. Brodt
Der Baiersröderhof, auf dem wir unsere jährlichen Ausstellungen abhalten dürfen, hat eine bewegte Vergangenheit. In den frühen Jahren nach der Ersterwähnung sind die Quellen, die auf das Hofgut hinweisen, recht spärlich. Erst ab dem 14. Jahrhundert taucht der Name in seinen verschiedensten Ausprägungen öfters in den historischen Aufzeichnungen auf. Nachstehend zunächst eine kurze Information von Otto Volk sowei ein chronologischer Abriß der wechselvollen Geschichte des Hofes ab dem 19. Jahrhundert.
Kaum ein anderer Hof in Hessen kann auf eine ähnliche lange und in den historischen Quellen vergleichbar gut dokumentierte Geschichte zurückblicken wie der Baiersröderhof bei Marköbel. Seit achteinhalb Jahrhunderten folgt das Leben und Arbeiten auf dem Hof dem Rhythmus von Aussaat und Ernte. In dieser Zeit hatte die heutige Domäne, beispielhaft für viele andere Güter nicht nur in der Wetterau, teil an allen wesentlichen Entwicklungen der deutschen Agrargeschichte. In der hochmittelalterlichen Rodungsphase entstanden, war seine Geschichte für Jahrhunderte eng mit der des Klosters Ilbenstadt verbunden. In dieser Zeit wurde er von hörigen Bauern bebaut und von adligen und bäuerlichen Landsiedeln bewirtschaftet. Nach der Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg und dem Wiederaufbau führte die Umwandlung in einen Ilbenstädter Gutbetrieb zu einer erneuten wirtschaftlichen Blüte. Mit der Säkularisation wurde der Baiersröderhof hessische, 1866 preußische Domäne. Seit 1945 ist er wiederum hessische Staatsdomäne. Seit dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts prägten technische, organisatorische und strukturelle Wandlungen die Entwicklung des Hofes von einem spätfeudalen Gutshof hin zu einem modern bewirtschafteten agrarischen Großbetrieb.
1803
Im Zuge der Säkularisierung erhält Graf von Leiningen-Westerburg als Entschädigung für seine durch die napolionische Eroberungspolitik an Frankreich gefallenen linksrheinischen Besitztümern das Kloster Ilbenstadt und seine Güter.
1804
Der Baiersröderhof wechselt nach dem kurzen Leininger Zwischenspiel seinen Besitzer und wird kurhessische Domäne.
1866
Als Preußische Staatsdomäne wird der Baiersröderhof eigener Gutsbezirk und künftig von der Abteilung für direkte Steuern, Domänen und Forsten der Königlichen Regierung in Kassel verwaltet.
1867
Mit Vertrag vom 30. Dezember tritt der 59jährige Landwirt Wilhelm Schwarz in den bis 1877 laufenden Pachtvertrag seines glücklos wirtschaftenden Vorgängers Baist ein und erklärt, sein auf einem landwirtschaftlichen Institut bei Wiesbaden ausgebildeter Sohn Ferdinand werde die Verwaltung des Hofes übernehmen. Nach der Übernahme müssen Vater und Sohn Schwarz jedoch feststellen, in welch desolatem Zustand sich das Hofgut befindet. Die Anfangsjahre sind daher nur gemeinsam mit Unterstützung der Königlichen Regierung wirtschaftlich zu meistern.
1870
Berlin erteilt die Genehmigung zur Ausführung der gewünschten Bauten, die Herrichtung der erweiterten Hofstelle, den Neubau einer Scheune, eines Schafstalles und der notwendigen Schweineställe sowie die Umwandlung des bisherigen Schafstalls in einen Rinderstall. Der Pachtvertrag wird um 18 Jahre verlängert.
1872
Neubau einer Stärkemehlfabrik.
1878
Abbruch des alten und Bezug des neuen Pächterhauses in seiner noch heute bestehenden Form durch Familie Schwarz. Die Herstellungskosten betragen 37.500 Reichsmark.
1880
Verlängerung der Pachtzeit bis 1897.
1882
Der Zuckerrübenanbau wird aufgenommen.
1886
Einsatz eines Dampfpflugs (bis 1928).
1897
Die gesamte Fläche der Domäne hat mit etwa 230 ha seine noch heute vorhandene Größe.
1898
Anschaffung einer stationären Dreschmaschine. Im gleichen Jahr schließen Ferdinand Schwarz und seine Frau (anstelle von Wilhelm Schwarz) einen neuen Pachtvertrag bis 1916 für 15000 RM jährlich.
1921
Anschluß an das öffentliche Stromnetz.
1922/23
Anschaffung einer Dampfdreschlokomobile.
1933
Der erste rationell einsetzbare Schlepper wird erworben.
1936
Wilhelm (genannt Willi) Schwarz, der Sohn von Ferdinand Schwarz, wird Mitpächter.
1938
Anschaffung eines 45er Lanz Bulldogs, der, 1974 verkauft, vom jetzigen Pächter Walter Scheuerle wieder zurückerworben werden konnte.
1945
Der Baiersröderhof wird Hessische Staatsdomäne.
1976
Die Familie Ingrid und Walter Scheuerle übernehmen den Baiersröderhof und treten in den laufenden Pachtvertrag 1970/88 ein.
1989
Am 9. und 10. September feiert der Baiersröderhof sein 850jähriges Jubiläum (zusammen mit 1150 Jahre Marköbel). Hauptattraktion ist dabei das Dampfpfluggespann des Agrarbildungszentrums Schönbrunn, Landshut.
1989
Die am 11. November 1989 gegründete Interessengemeinschaft Historische Landmaschinen Wetterau/Main-Kinzig e. V. bekommt Gelegenheit, sich auf dem Jubiläumsfest erstmals einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen.
Quelle: „Chronik 1150 Jahre Marköbel / 850 Jahre Baiersröderhof“, Autor: Otto Volk.
2002
Der Sohn, Georg der Pächterfamilie Walter und Georg Scheuerle, tritt in den Pachtvertrag als Mitpächter ein. Die Domäne wird nun von beiden Familien bewirtschaftet.
Wir von der IGHL sind dankbar dafür, dass wir unser gemeinsames Hobby auf diesem Hof ausleben dürfen. Das Pächterehepaar, Walter und Ingrid Scheuerle gehören zu den Gründungsmitgliedern unseres Vereines. Walter Scheuerle ist im Vorstand aktiv und unterstützt – trotz mancher Belastungen durch die IGHL – unseren Verein tatkräftig und unermüdlich. Auch gilt unser Dank hier der Domänenverwaltung des Regierungspräsidiums Darmstadt, die unsere bisherigen Aktivitäten ausdrücklich begrüßte.
Foto: Die heutige Pächter-Familien mit Kindern und Enkeln
Von links: Georg Scheuerle mit Ehefrau Katrin, Georg H. Brodt (Vorstand der IGHL), Ingrid Scheuerle mit Ehemann Walter Scheuerle
Vorne: Die beiden Kinder von Georg und Katrin Scheuerle, Lukas und Julius